Strategie oder Wahnsinn?

Welche Strategie die Union in ihrem Bundestagswahlkampf auch verfolgt haben mag, das Wahlergebnis hat dazu geführt, dass der Union gemäß eigener Abgrenzungsregeln lediglich eine Koalitionsoption geblieben ist. Ob das klug war oder fahrlässig, mag jede und jeder für sich selbst bewerten.

 

Sichtbar wird, dass die Union von fundamentalen Wahlansagen Abstand nehmen muss, noch ehe die neue Regierung gebildet wurde. Obwohl wir seit Jahrzehnten wissen, dass zwischen den Wahlversprechen und den Regierungsergebnissen zumeist Welten liegen, ist die aktuelle politische Lage meines Erachtens besonders brisant. Unserer Gesellschaft fehlen gemeinsame übergeordnete Ziele. Unser Alltag wird zunehmend bestimmt durch Angst, Wut und Frustration. Die Toleranzbereitschaft ist fast überall auf ein sehr niedriges Niveau gesunken. Meinungen stehen unversöhnlich gegeneinander. Jede und jeder wähnt sich selbst im Recht.

 

Die „Wackelampel“ konnte diesen gesellschaftlichen Sprengstoff nicht entschärfen. Sie hat ihn meines Erachtens noch befeuert. Jetzt müsste eine Zeit anbrechen, in der klaren Worten wirksame Taten folgen. Aber wer traut den aktuellen Hauptdarstellen auf der politischen Bundesbühne diese Klarheit und Wirksamkeit tatsächlich zu?

 

Solange die politischen Akteure immer und immer wieder nach den gleichen überkommenen Spielregeln spielen, wird es in unserem Land und in Europa keine Fortschritte geben. Gebetsmühlenartig warnen diejenigen vor dem Ende der Demokratie, die durch Sturheit und mangelnde Veränderungsbereitschaft selbst die Demokratie gefährden. Meines Erachtens benötigen Deutschland und Europa gravierende Verbesserungen in und an dem politischen System. Nach den alten Regeln zu spielen, reicht nicht aus, um die aktuellen Probleme zu lösen. Die Menschen in Deutschland und Europa müssen sich wieder mehr als Souverän fühlen und einbringen, damit die Amateurdarsteller nicht allein die Handlung der politischen Komödie bestimmen.